Viele Erwachsene denken, dass Jugendliche sich für nichts interessieren. Aber eigentlich haben wir alle irgendein Interessengebiet - nur der Zugang, den die Medien uns dazu bieten, ist oft nicht passend.
Der Bürgerbeirat ist das zweite Beratungsgremium des Bonn Institute. Neben unserem prominent besetzten Kuratorium sind es jährlich wechselnde Mediennutzende, die ihre Sicht auf die Medien und den Journalismus mit uns teilen. Diese Gleichstellung von Experten und Mediennutzenden ist ein Kern unserer Arbeit. Denn wir sind davon überzeugt, dass Journalismus nur dann eine gute Zukunft hat, wenn es uns gelingt, die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.
In diesem Jahr durften wir einen Tag mit Dina, Gökce und Romance verbringen. Die drei engagieren sich in ihrer Freizeit in der Jugendredaktion Salon5 des Recherchenetzwerks CORRECTIV, wo sie Social-Media-Inhalte und Podcasts für Gleichaltrige produzieren. Begleitet wurden sie von Redaktionsleiterin Hatice Kahraman und Redaktions-Volo Pascal Kornatz.
Dina (18), Romance (17) und Gökce (20) hatten zum Teil ziemlich deutliche Ansagen für uns: “Ich will nicht googlen müssen, um zu verstehen, was in den Nachrichten gesagt wurde. Es hängt auch von der Sprache ab, ob Medien junge Menschen erreichen”, so eine Teilnehmerin. Eine andere ergänzt aus eigener Erfahrung: "Manchmal ist das schwerer, als man denkt. Ich gebe selber Nachhilfe und merke auch da: Man muss die Sprache der Jugendlichen sprechen, damit sie einen verstehen."
Angesprochen auf das, was sie an den Medien stört, sind sich die jungen Frauen recht einig: Sie empfinden vieles als zu negativ und abgehoben. Viele Jugendliche würden gar nicht verstehen, was die Nachrichten mit ihnen zu tun hätten. Diese Aussagen decken sich mit Erkenntnissen der UseTheNews-Studie zur Nachrichtenkompetenz junger Menschen.
Was die Nachwuchs-Journalistinnen von Salon5 auch stört: Die immer noch hohen Einstiegshürden in den Journalismus. Unbezahlte Praktika etwa machten es jungen Menschen aus weniger privilegierten Familien fast unmöglich, in der Branche Fuß zu fassen. Zugleich sei der Beruf heutzutage in vielen Familien nicht besonders hoch angesehen: "Meine Mutter würde mich am liebsten verstoßen dafür, dass ich Journalistin werden will", sagt etwa eine Gesprächsteilnehmerin, deren Eltern nach Deutschland zugewandert sind.
Dass es DIE Generation Z nicht gibt, wird deutlich, als der Bürgerbeirat über die Social Media App TikTok debattiert. Eine Teilnehmerin stellt klar: "Ich habe gar kein Tiktok. Das lenkt mich zu sehr ab. Ich habe Insta und YouTube – da folge ich zum Beispiel Jonas Ems. Ich finde es sehr gut, dass er offen sagt, dass TikTok einen dumm macht und dass man aufhören soll, so viel Trash-Content zu gucken."
Die anderen Teilnehmerinnen sehen das anders. Sie nutzen TikTok und sehen darin einen guten Kanal, um junge Leute mit Informationsangeboten zu erreichen. Jedoch warnen sie: "Wenn man selber das Mindset nicht hat, wirkt das gezwungen. Man merke sofort, wenn eine Redaktion sich vorgenommen habe, dass sie jetzt "irgendwie die Jungen erreichen" will. Viel zu oft versuchten etablierte Medienmarken, sich bei jungen Nutzenden anzubiedern, ohne bereit zu sein, sich auf Augenhöhe zu begeben und deren Sprache zu sprechen.
Und wie sieht es aus mit etablierten Medienangeboten? Kommen die bei den Jungen überhaupt noch an? Ja - allerdings ausschließlich auf YouTube. Unsere Gesprächspartnerinnen loben vor allem das ZDF Magazin Royal und andere Satire-Sendungen. "Da werden einem Sachen präsentiert, über die man gar nicht nachdenkt. Und da kann man auch als Jugendlicher gleich verstehen, was Sache ist."
Als der Krieg angefangen hat, haben wir die Nachrichten oft nicht verstanden. Deshalb haben wir selber angefangen darüber zu berichten. Dazu gehört auch, dass wir über unsere Gefühle gesprochen haben, und was man machen kann, um damit umzugehen.